Toby und der Nikolaus Toby war schon gross. Er ging in den Kindergarten. Da gefiel es ihm gut, denn er hatte viele Freunde, mit denen er spielen konnte. Nur etwas machte Toby keinen Spass. Um in den Kindergarten zu gelangen, musste er zehn Minuten zu Fuss gehen. Er fand, dafür sei er noch viel zu klein. Obschon Alex, Fredi und Andi auch zu Fuss gingen. Wegen dem Schulweg machte Toby jeden Tag ein Theater. Er schrie, tobte und quengelte, bis Mama das Auto aus der Garage holte und ihn in den Kindergarten brachte. Fuhren sie dann an Alex, Fred und Andi vorbei, hing Toby jedes Mal aus dem Wagenfenster und zog seinen Kameraden eine lange Nase. Das war natürlich nicht fein, aber alles Reden nützte nichts. War Toby im Kindergarten, tat er vor Alex, Fred und Andi wichtig, weil er schön saubere Schuhe hatte, während Alex, Fred und Andi erst ihre verdreckten Stiefel putzen mussten. „Morgen komm ich zu Fuss“, sagte Toby jeden Tag zur Kindergärtnerin. Und zu Papa sagte er:“ Morgen schaff ich’s bestimmt!“ Aber am nächsten Tag fing das Geschrei wieder an. Und kaum sass er im Auto, kurbelte er die Scheibe herunter und machte Alex, Fred und Andi eine lange Nase. Es wurde Herbst und es wurde Winter. Der Wind hatte schon alle Blätter von den Bäumen gefegt und es roch jeden Morgen nach Frost und nach Schnee. „Bald kommt der Nikolaus“, sagte die Kindergärtnerin eines Morgens. „Ist er lieb?“„Bringt er Lebkuchen und Nüsse?“ fragten einige Kinder. „Wartet er mit der Rute am Schulweg?“ rätselten die anderen. Alle kicherten. Toby aber setzte gerade auf und sagte wichtig:“ Mich erwischt er nicht. Ich werde mit dem Auto zum Kindergarten gebracht.“ Am Nikolaustag nieselte es leise vom Himmel. Toby hatte am Abend vorher wieder einmal versprochen, zu Fuss in den Kindergarten zu gehen. Aber als er das nasse Wetter sah, fing er gleich an zu heulen. „Wenn es Schnee hat, dann geh ich zu Fuss!“ schrie er. „Vorher nicht!“ Und er schlüpfte kurzerhand in seine Sandalen und setzte sich schmollend auf die Treppe. Also holte Mama das Auto aus der Garage. Toby hüpfte auf den Hintersitz und kurbelte die Scheibe herunter, um Alex, Fred und Andi beim Vorbeifahren eine lange Nase zu machen. Schon von weitem sah er Alex, Fred und Andi am Wegrand stehen. Sie waren nicht allein. Der Nikolaus im langen, roten Mantel stand mit Sack und Rute bei ihnen. Sein weisser Bart hing ihm über die Brust herab. Gerade als Toby im Auto angefahren kam, machte der Nikolaus den Sack auf und gab Alex, Fred und Andi einen grossen Lebkuchen. Es nützte gar nichts, dass Toby im Auto zu quengeln anfing. Der Nikolaus hörte gar nicht hin. Er schloss seinen Sack und ging seines Wegs. Aber bald nachdem die Kinder im Kindergarten sassen, und Alex, Fred und Andi ihren Lebkuchen gezeigt hatten, polterte es an die Tür. Es war der Nikolaus, der die Klasse besuchte. Die Kinder jubelten. Sie sangen dem Nikolaus ein Lied und sagten ihm ihre Sprüchlein auf. Der Nikolaus besprach mit jedem Kind, was es gut machte und wo es sich noch verbessern konnte. Dann durfte es die Stiefel holen und er füllte sie bis zum Rand mit Nüssen, Schokoladen und Mandarinen. Als die Reihe an Toby kam, befahl der Nikolaus:“ Hol die Stiefel!“ Toby brachte seine Sandalen. Er war ganz rot geworden. Der Nikolaus sagte:„Na, Toby, wie soll ich dir denn die Sandalen füllen, wenn sie vorne offen sind? Da fällt ja alles heraus!“ Toby schaute verlegen auf den Boden. Und wie kommt es, dass du im Winterregen mit Sommerschuhen herumläufst?“, fragte der Nikolaus weiter. Da musste Toby alles erzählen, vom Trotzen und Schreien zu Hause und sogar von den langen Nasen, die er gegen Alex, Fred und Andi machte. Der Nikolaus wurde ganz ernst. „Dann hast du die Nüsse, die Schokoladen und Mandarinen noch gar nicht verdient“, sagte er. „Wir treffen nun miteinander eine Abmachung! Wenn du bis zur Weihnacht jeden Tag zu Fuss in den Kindergarten gehst, fülle ich dir an Weihnachten die Stiefel. Einverstanden?“ Toby nickte und gab dem Nikolaus die Hand. Am nächsten Tag trottete Toby mit Alex, Fred und Andi zu Fuss in den Kindergarten. Es regnete und die vier Jungen spritzten in den Pfützen herum. Das war eigentlich gar nicht schlecht, fand Toby. Es war sogar zehn Mal schöner als im Auto zur Schule gefahren zu werden. So kam es, dass Toby bis zur Weihnacht kein einziges Mal mehr in den Kindergarten gebracht werden wollte. Und eines Morgens standen seine Stiefel bis zum Rand mit Nüssen, Schokoladen und Mandarinen gefüllt im Kindergarten. Obenauf lag ein Zettel. „Gut gemacht, Toby! Weiter so! Gruss, der Nikolaus.“ Eine Erzählung von Marianne Kunz-Jäger, Oberwil-Lieli